Gesündere Erde erwartet – dank moderner Emissionsregularien

Zeit wars. Nachdem die marine Transportindustrie angesichts weiterhin freier Kapazitäten unter finanzieller Belastung steht kommt nun Druck von industrieferner Seite. Einzelne Umweltverbände, Bürgermeister von Hafenstädten und Umweltministerien ausgewählter Staaten haben ihre Stimme erhoben und ihren Einfluss vorgebracht. Es ist ihnen gelungen Forderungen nach schärferen Vorschriften bei Emissionen durch die Schifffahrt im neuesten Beschluss der internationalen Schifffahrtorganisation IMO einbringen zu können

Konkret. Von 2020 dürfen, so laut gemeinsam errungener Erklärung der IMO in London, weltweit nur noch Treibstoffe mit höchstens 0,5 % Schwefel verbrannt werden. Das ist ein siebenfach niedrigerer Grenzwert als er bislang galt. Das endgültige Papier ist von der IMO noch nicht veröffentlicht worden. Der wesentliche Inhalt ist aber von der Tagung beobachtenden Umweltorganisation NABU und dem Verband Deutscher Reeder VDR durchgesickert.

0,5 % Schwefelanteil ist für europäische Verhältnisse alles andere als ein sportlicher Wert – weltweit hingegen durchaus ein Erfolgsschritt. Bereits seit Anfang 2016 gibt für die Nord- und Ostsee ein Wert von 0,1 % Schwefel als Höchstmaß im Treibstoff. Außerdem soll im Jahr 2021 für besagte Region eine weitere Regel eingeführt werden, die sich nicht nur auf den Input, den Kraftstoff, sondern auf den Ausstoß des verfeuerten Kraftstoffs bezieht: neu zugelassene Schiffe müssen die Stickoxide NOx dann um etwa Dreiviertel senken. Knackpunkt ist aktuell noch die dafür erforderliche Ratifizierung aller Anliegerstaaten der Ostsee. Während der IMO Konferenz hat sich vor allem Russland an den strengen Stickoxidwerten gerieben. Die Interessen auf russischer Seite sind nachvollziehbar, für die Umwelt aber nicht entschuldigend. Zum Einen ist die eigene Flotte, als auch die, mit der Russland überproportional maritimen Handel treibt, vergleichsweise alt. Zum Anderen beschafft sich der größte Flächenstaat seine Devisen mit dem Absatz von Erdöl und -gas, weniger mit der sauberen Raffinierung desselben. Letztlich erfolgte aber auch von russischer Seite eine Zustimmung. Die Einsicht, den bestehenden Trend zu Gunsten des Umweltschutzes nicht ewig einseitig ignorieren zu können hat überwogen.

Freude kam auf bei Hafenstädten, die sich seit Längerem zu einer sauberen und nachhaltigen Zukunft der internationalen Schifffahrt bekennen. Allesamt sind sie im nordwesteuropäischen Festland gelegen: Le Havre; Hamburg, Rotterdam, Antwerpen und Bremen. Ganz freiwillig ist dieses Bekenntnis allerdings nicht. Die Bevölkerung dieser Städte erwartet und begreift, dass die mit dem Hafen im Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Vorteile, die Umweltbelastungen nicht überwiegen, welcher sie selber ausgesetzt sind. Die Einwohner erwarten Schritte zur Reduzierung der ökologischen Belastung durch die Transportindustrie.

Das geschäftsführende Präsidiumsmitglied des VDR, Ralf Nagel, schlussfolgt: „Damit ist faktisch das Aus für den heute üblichen Schwerölbetrieb der Seeschiffe beschlossen“. Global können die neuen Grenzwerte auf Basis von Schweröl und herkömmlicher Verbrennung nicht eingehalten werden. Teure Katalysatortechnologie oder die Nutzung von Gas zum Antrieb sind Alternativen. Es ist davon auszugehen, dass Flüssiggas LNG (liquefied natural gas) oder alternative Brennstoffe einen längst überfälligen Auftrieb bekommen werden. Angesichts eines weiter steigenden Seetransportaufkommens bedeuten die neuen, strengen Vorschriften, dass es insgesamt zumindest mittel- und langfristig sauberer wird. Als allererstes werden die Anwohner von Häfen und Küstengewässern die Verbesserungen wahrnehmen können. Weniger sichtbar, aber gleichwohl bedeutend, wird die Umwelt massiv profitieren – das Ausmaß der jetzigen Zerstörung durch Emissionen wird nicht mehr in diesem Tempo ansteigen. Von einer Kehrwende kann aber weiterhin nicht die Rede sein, solange fossile Energie für den Transport zu Wasser verbrannt wird.

Das Netz an Tankstellen für LNG wird erhebliche Investitionen in Infrastruktur in einem weltweit nicht einheitlich regulierten Markt erfordern. Während erste Schiffe, die mit Flüssiggas betrieben werden können bereits bestellt sind und gebaut werden, stellt die Verflüssigung, der Transport des Flüssiggases und die Tatsache, dass es sich immer noch um eine mehrheitlich fossile Ressource handelt eine Herausforderung dar. Wind-to-gas Tankstellen an Offshore Verflüssigungsraffinerien stellen aktuell mehr Theoriemodelle als Praxis dar.

Leif Miller, Bundesgeschäftsführer von NABU sieht in den Londoner Beschlüssen dennoch die richtige Richtung eingeschlagen: „Es ist richtig, den Ausstieg aus dem Schweröl jetzt einzuleiten und die Seeschifffahrt insgesamt zu mehr Umwelt- und Klimaschutz zu bewegen“.

Was ist jetzt zu erwarten? Der Preisdruck wird die Reeder beim der Wahl des Einsatzes ihres Kraftstoffes nicht unbeeindruckt lassen. Für Schiffe liegt der Grenzwert für Schwefel weiterhin 500 Mal höher als es bei Dieselautos zugelassen ist. Die Verführung, dass Reeder höherwertigen Kraftstoff mit reichlich billigem Schweröl mischen werden ist daher gegenwärtig.

Zu einer abschließend rechtswirksamen Entscheidung muss es erst noch kommen. Sowohl die EU als auch nationale Parlamente müssen die IMO Beschlüsse zunächst billigen. Einerseits ist das nur eine Formalie. Andererseits weisen mache Staatsregierungen in diesen Jahren eine populistische Gesinnung auf, die zu überraschenden Ausreißern führen kann. Das Maritime Environment Protection Committee MEPC setzt sich aus den Mitgliedern des IMO-Ausschusses zusammen. Diese wiederum kommen von den einzelnen Regierungen. Eine schnelle Umsetzung ist folglich zu erwarten.

www.boatopoly.com – info@boatopoly.com